Noch versargen die Blicke und bröckeln nach die Hände

Vor einigen Tagen erreichte uns Meldung aus Riga, genauer: Ein Mitglied der Leitungsgruppe der Freunde des Großen Friedhofs in Riga wies uns auf den stetigen Zerfall des Grabes der Familie Erhardt hin. 
Das Grabrelief gehört zu den wenigen bildhauerischen Werken von Fidus und wurde ca. um 1906/1907 für die Familie entworfen. Bilder des Grabes bzw. des Reliefs waren indes nicht bekannt, ließen sich in den Weiten des Netzes nicht finden. Hingegen ist der Relief-Entwurf durch die Reproduktion als Kunstkarte und Großdruck weitläufig visualisierbar. 
In der aktuellen Ausstellung in Woltersdorf findet sich zudem eine Entwurfs-Skizze für den gesamten Grabkomplex. Augenscheinlich entwarf Fidus also nicht nur das bekannte Relief, sondern bemühte sich vielmehr um ein stimmiges Gesamtkonzept der Grabstätte. 


Nun besteht die Hoffnung, eine Restauration herbeizuführen, das kulturelle Erbe zu schützen. Wie schwierig dieses Unterfangen ist, haben wir bereits in Woltersdorf erleben dürfen, wo sich der Verschönerungsverein jahrelang dafür einsetzte, das hiesige Denkmal vor dem völligen Zerfall zu bewahren, Gelder aufzutreiben und einen Erhalt dieses künstlerischen Erbes für die Gemeinde zu ermöglichen. Erfolgreich, was festgehalten werden muß.
Der Zustand der Grabstätte in Riga klang indessen zwar erschreckend, doch nicht hoffnungslos. So sollen alle Originalteile noch vorhanden sein, wenn auch teils der unbarmherzigen Witterung preisgegeben, sich ihr eigenes schlammiges Grab geschaffen haben. Das Relief zumindest scheint noch in einem weit besseren Zustand als es das Woltersdorfer Denkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges vor gut einem Jahr war. Doch lassen wir die Bilder sprechen, zeigen schlicht den aktuellen Zustand des Reliefs:


Inwiefern aus Deutschland Hilfe erfolgen kann, wird sich zeigen. Der Umstand, die Notlage ist hiermit festgehalten. Und ich hoffe inständig, wir finden gemeinsam, über alle Gräber und Grenzen hinweg, einen Weg, das fidus'sche Werk zu schützen. Wie wir unseren Teil zum Erhalt beitragen können, läßt sich nur erahnen. Euphorie-durchschmettert würde man mich sagen hören, wir könnten ja das Plus der geplanten Fidus-Publikation, die das Gesamtwerk mithilfe der Postkarten wiedergeben möchte, genau dafür verwenden. Ein Fenstersturz, wer böses dabei denkt...


*alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Herrn Andris Gobins, und untenan "Grabrelief-Entwurf" (1906/1907) in Form der Kunstkarten-Reproduktion

Gunnar Finder / Eberswalde / versargender 16.06.2018

Kommentare

  1. Sowohl das Grab als auch Bilder des Grabes wären sehr wohl bekannt gewesen, wenn man denn davon hätte wissen wollen... Aber Fidus hat es schwer. Seine Werke werden zwar endlos in den wirrsten Zusammenhängen reproduziert und reproduziert und reproduziert (was immerhin eine gewisse Aktualität zu belegen scheint), aber mit den Inhalten seiner Bildbotschaften mag sich niemand beschäftigen. Oder niemand mehr. Schon gar nicht im Kontext der Kunstgeschichte (die im konkreten Fall durch eine Aufarbeitung der Geschichte und Zusammenhänge den Stellenwert belegen könnte). Und so bröckelt die Bedeutung von Fidus im Jahr seines 150. Todestages weiter wie das schöne Grabmal in Riga.

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