Fidus in Eberswalde



Daß man Fidus politisch nur schwer fassen kann, soll mit folgender Episode einmal festgehalten werden, die bis dato noch keinen Einzug in die biographischen Bemühungen fand:

In einer Publikation der Gedenkstätte Deutscher Widerstand wird Fidus mit einigen Zeilen erwähnt, die ihn in die Nähe der Jugendgruppe "Tatgemeinschaft" rückt, manifestiert in einem Bild von ca. 1935, das in Eberswalde beim Hause Prof. Streckers aufgenommen wurde. Dieser Prof. Strecker ist es auch, der als Mittler zwischen Fidus und der Gruppe fungierte. Weitere Details werden leider nicht benannt, doch zeigen sowohl die Aktivitäten der Gruppe als auch die Person Strecker, daß gerade die vermeintlich wissenschaftliche Bewertung der fidus'schen Person jüngerer Tage (beispielsweise "Aufbruch - Die Lebensreform in Deutschland") zumindest kritisch hinterfragt werden sollte.

Die Jugendgruppe "Tatgemeinschaft" war ein wild zusammengewürfelter Haufen, der sich aus ehemaligen Mitglieder der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ), des Kommunistischen Jugendverbandes Deutschlands (KJDV), der Bündischen Jugend und aus Naturfreunden formte. Sie alle einte die oppositionelle Haltung zur Hitler-Regierung. Neben gemeinsamer Wanderfahrten wurden die Mitglieder politisch geschult und kulturell gebildet. Ihr weiteres Engagement zentrierte sich in der Gefangenenhilfe politischer Gefangener und der Versorgung ehemaliger Häftlinge der Konzentrationslager.
Zu konspirativen Treffen kam es im Guttemplerorden zu Berlin, dessen Leiter Prof. Reinhard Strecker war. Dieser Prof. Strecker lehrte in Eberswalde "Naturphilosophie", war Mitglied der SPD und der Deutschen Friedensgesellschaft, ging gegen antisemitische Tendenzen vor und soll ebenfalls in einiger Distanz an den Umsturzplänen von 1944 mitgewirkt haben.
Mit dieser Gruppe also traf sich Fidus um 1935 in Eberswalde, organisiert durch Prof. Strecker.

Ich hoffe, in den Archiven der Humboldt-Universität nähere Informationen zu dem augenscheinlich amikalen Verhältnis zwischen Fidus und Herrn Strecker in Erfahrung bringen zu können. Doch festhalten darf man wohl jetzt schon bedenkenlos, daß es entweder in diesen Jahren eine völlig andere Debattenkultur gab, oder aber, daß die Attributionen zu Fidus' Person, die es sogar schon fertig brachten, ihn als "rechtsextrem" zu bezeichnen, fehlerhaft sind. Drastischer und mit einem ordentlichen Wink in Richtung Wedemeyer-Kolwe gesagt: Es scheint Fachmänner zu geben, die einem fatalen Rezeptionsstrang folgten, der aus der Unkenntnis entsprechender Quellen und Fachliteratur an historischer Beliebigkeit und sachlicher Ungenauigkeit nicht zu überbieten ist.

*"An der Schwelle" (1909)

Gunnar Finder / Eberswalde / hobbyhistorischer 22.03.2018

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