Causa Woltersdorfer Verschönerungsverein



Der Woltersdorfer Verschönerungsverein existiert nun schon seit über 130 Jahren, wenngleich es 1990 zu einer Neugründung kam, da man wohl zuvor eine obligatorische Pause im Wirrnis der DDR einlegte, um alle Volkes-Kräfte dem Wohle der Partei zukommen lassen zu können.
Die Aufarbeitung der örtlichen Geschichte, sie greifbar zu machen und sie vor allem zu wahren, sind die ehrbaren Ziele, denen der Verein nachgeht. Unumwunden würde ich Ihnen sogar attestieren, dies nicht nur erfolgreich sondern auch mit Bravour zu meistern. Fidus, der sich bekanntermaßen dazu entschied, das Gros seines Seins in Woltersdorf zu verleben, ist dabei ein fester Bestandteil der Agenda des Vereines geworden.
Nun geschah es aber, daß ein Beeskower daher kam und ebenfalls reges Interesse für Fidus empfand; etwas, das ihm wiederfuhr, in ihn fuhr, ohne daß er es zu verhindern gewußt hätte. Obendrein hatte er den perfiden Plan entwickelt, anläßlich des bevorstehenden 150. Geburtstages Fidus', ein Buch zu publizieren, um der Öffentlichkeit die Möglichkeit zu bieten, das Gesamtwerk des Künstlers einzusehen. Er selbst hatte dieses Vorhaben dem Verein nie vorgetragen und es lediglich im Kreise der Freunde und Bekannten verlauten lassen. Unter denen befanden sich jedoch Mitglieder, die wiederum das Thema intern ansprachen. In eigentümlich deutscher Manier prüfte man nun erst einmal die Person hinter diesem Vorhaben und kam alsbald zum Ergebnis, daß mit diesem defaitistischen Renegaten - im Geiste Heiner Müllers -, kein sozialistischer Staat zu machen sei. Er selbst erfuhr erst später davon, daß der Großtyrann und das Gericht getagt und ebenfalls in Abwesenheit des Beschuldigten Ihr Urteil gefällt hatten. Es folgte ein kurzes, sehr unangenehmes  Telefonat: ein kläglicher Versuch, sich zu erklären, den drohenden Sturm zu brechen, ja ein Miteinander bewirken zu wollen. Es wurden keine Podien, keine finanziellen Zuschüße oder Balkone gefordert - einzig ein Hand in Hand.
In der Nachbereitung frage ich mich nun, ob man mich damals schlicht abwimmeln wollte. Jedenfalls bat man mich, das Exposé einzusenden. Und dann sähe man auch keinerlei Hindernisse, über diesen, den offiziellen Weg, ein Vorsprechen zu vereinbaren, um die aufbrausenden Wogen zu besänftigen. Ich kam dem nach und wurde unverzüglich bedient:

"In Vorbereitung auf seinen 150. Geburtstag und 70. Todestag  2018 gilt unser Bemühen, das von namhaften  Persönlichkeiten unterstützt wird -  der Darstellung der Vielseitigkeit des Verstorbenen. Daher besteht im Moment kein Bedarf, Ihr Buchprojekt im Vorstand zu erörtern."

(via Email, 22.08.2017)

Geneigte Leser, man möge mich nicht falsch verstehen: Natürlich hat der Verein alles Recht der Welt, diese Entscheidung zu fällen. Auch jeder dieser beiden Sätze für sich würde ohne das kleinste Raunen meinerseits verbleiben. Doch beide in einen Kontext gestellt, nein...

Mit der Unsäglichkeit meiner Person zündelte man indes freudig weiter.

Bei allen Gräben, die der Verein bzw. einzelne Mitglieder sich auszuheben veranlasst sahen, respektiere und schätze ich die Bemühung um Fidus sehr, die geleistet wird. Man möge mir auch nachsehen, daß mit der Gischt ein Schäumen einhergeht. Doch auch weitere Bestrebungen, einen Dialog aufzunehmen, verendeten in einer trunkenen Flut.

Als jüngst in der Märkischen Oderzeitung vom 23.02.2018 Frau Decker äußerte, "es sei hilfreich, wenn sich viele gemeinsam an Fidus abarbeiten, auch um sich selbst und den anderen Bürger besser verstehen zu lernen und gemeinsam herauszufinden, dass auf Achtung beruhendes Miteinander trotz erheblicher Unterschiede allemal besser ist, als verbissenes und dumpfes Gegeneinander", vernahm ich eine starke Resonanz. Gerne hätte ich dem Verein bewiesen, keine subtilen Botschaften integrieren noch krude Machwerke schaffen zu wollen, sondern schlicht einen Teil Heimat-Geschichte zu wahren, aufzuarbeiten, auszuleuchten, gar Tag- und Nachtseiten aufzuzeigen.
Noch steht der Horizont wolkenüberflaggt in Woltersdorf wie 1916 - "Hornungsmondnacht".

Gunnar Finder / Eberswalde / trunkener 18.03.2018

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